Wäh­rend dras­ti­sche Preis­an­stie­ge bei Strom und Gas für all­ge­mei­ne Unru­he sorg­ten, blieb es bei den Was­ser­prei­sen zum Jah­res­wech­sel ins­ge­samt ruhig. Dies ist das Ergeb­nis von regio­na­len Was­ser­preis-Erhe­bun­gen und ‑Ana­ly­sen, die ich in den ver­gan­ge­nen Wochen durch­ge­führt habe. Dem­zu­fol­ge sind die Was­ser­preis­an­pas­sun­gen weit unter dem Niveau ande­rer Ent­wick­lun­gen bei den Wohn- und Lebens­hal­tungs­kos­ten geblie­ben. Dort, wo die Preis­er­hö­hun­gen statt­ge­fun­den haben, war von Was­ser­ver­sor­gern und aus Pres­se­aus­wer­tun­gen zu erfah­ren, dass die Begrün­dun­gen von Kun­den und Ver­brau­chern akzep­tiert wor­den sind. In die­sem Blog­bei­trag fas­se ich mei­ne Recher­chen und zahl­rei­chen Hin­ter­grund­ge­sprä­che zusam­men, um einen Blick hin­ter die Kulis­sen der Was­ser­prei­se zu bie­ten und ver­su­che eine Abschät­zung, wie sich die­se in nähe­rer Zukunft ent­wi­ckeln könn­ten. Das könn­te für Ver­brau­cher und Was­ser­ver­sor­ger glei­cher­ma­ßen auf­schluss­reich sein.

Steigende Investitionen und wachsende Herausforderungen machen Wasserpreiserhöhungen unausweichlich

Das Trink­was­ser in Deutsch­land ist nahe­zu aus­nahms­los von sehr guter Qua­li­tät. Was­ser­ver­sor­gungs­stö­run­gen sind hier­zu­lan­de eine Sel­ten­heit und nur sel­ten zwin­gen kurz­zei­ti­ge Grenz­wert­über­schrei­tun­gen die Ver­sor­ger zu zusätz­li­chen Maß­nah­men. Das sind kei­ne Zufäl­le: die Was­ser­ver­sor­ger fol­gen stren­gen gesetz­li­chen Regeln und aner­kann­ten Regel­wer­ken. Um die­se ein­zu­hal­ten, inves­tie­ren sie seit Jah­ren stei­gen­de Sum­men in die Siche­rung der Was­ser­ver­sor­gung. Die Inves­ti­tio­nen in die Was­ser­ver­sor­gung sind den Erhe­bun­gen des was­ser­wirt­schaft­li­chen Fach­ver­ban­des BDEW zufol­ge, zwi­schen 2010 und 2020 um 45 Pro­zent auf zuletzt 3,24 Mrd. Euro jähr­lich ange­stie­gen. Zum Ver­gleich: In dem­sel­ben Zeit­raum haben sich die Prei­se für Inves­ti­ti­ons­gü­ter um ledig­lich 10 Pro­zent erhöht (mit dem bekann­ten Preis­schub in 2022). Inves­ti­tio­nen in der Was­ser­ver­sor­gung flie­ßen in die Moder­ni­sie­rung, den Aus- und den Neu­bau von Was­ser­wer­ken, Lei­tungs­net­zen und ande­rer tech­ni­scher Anla­gen. Die­se sor­gen dafür, dass wir täg­lich fri­sches Was­ser aus dem Hahn ent­neh­men kön­nen.

Die fol­gen­den Bei­spie­le mögen dies ver­an­schau­li­chen:

  • Was­ser­ver­sor­ger sind der kom­mu­na­len Daseins­vor­sor­ge ver­pflich­tet. Daher müs­sen sie risi­ko­ori­en­tiert pla­nen und agie­ren. Regel­mä­ßig gewar­tet, kön­nen Lei­tungs­net­ze zwar 80 Jah­re und älter wer­den, aber nicht immer läuft alles nach Plan. Spä­tes­tens wenn sich die Lecka­gen häu­fen, sind die Ersatz­maß­nah­men fäl­lig. Denn nur so las­sen sich Ver­sor­gungs­un­ter­bre­chun­gen, Qua­li­täts­ge­fähr­dun­gen und Was­ser­ver­lus­te ver­hin­dern. Was­ser­ver­sor­ger war­ten aber gar nicht ab, bis die Rohr­brü­che ein­tre­ten, son­dern inves­tie­ren risi­ko­ori­en­tiert in die Instand­hal­tung der Rohr­net­ze und Trans­port­lei­tun­gen.
  • Das glei­che gilt für den Bau von Auf­be­rei­tungs­an­la­gen und Was­ser­wer­ken. Die Anfor­de­run­gen an deren Leis­tungs­fä­hig­keit sind immens gestie­gen – und mit ihnen die Kos­ten. Was­ser muss genuss­taug­lich sein, aus die­ser gesetz­li­chen Anfor­de­rung an die Was­ser­qua­li­tät erge­ben sich ange­sichts stei­gen­der Gewäs­ser­ver­un­rei­ni­gun­gen erheb­li­che Moder­ni­sie­rungs­be­dar­fe. Sei­en es Nitrat-Ein­trä­ge aus der Land­wirt­schaft oder Rück­stän­de aus Arz­nei­mit­teln. Anla­gen, die vor Jahr­zehn­ten gebaut wor­den sind, las­sen sich heu­te nur zu einem Viel­fa­chen der dama­li­gen Kos­ten erneu­ern. Allein die Digi­ta­li­sie­rung hat den Wei­ter­be­trieb ursprüng­lich moder­ner Kom­po­nen­ten unmög­lich gemacht und erhöht die Kos­ten der Moder­ni­sie­rung beträcht­lich.
  • Der fort­schrei­ten­de Kli­ma­wan­del bringt auch die Was­ser­ver­sor­gung an den Rand der Leis­tungs­fä­hig­keit. Die Absi­che­run­gen der Anla­gen gegen Hoch­was­ser­er­eig­nis­se sind eben­so unum­gäng­lich, wir der Auf­rüs­tung für die Pha­sen der Tro­cken­heit. Die zuneh­men­den Tro­cken­hei­ten in den Som­mern und die damit ver­bun­de­nen Spit­zen­be­dar­fe machen nicht nur Stress in den Sys­te­men, sie erfor­dern auch fle­xi­ble Vor­rats­hal­tun­gen und zusätz­li­che Siche­rungs­sys­te­me. Immer mehr Ver­sor­ger müs­sen daher in den Neu­bau von Was­ser­spei­chern inves­tie­ren. Mit Trans­port­lei­tun­gen und Not­lie­fer­ver­trä­gen müs­sen sich Was­ser­ver­sor­ger, die auf loka­le Was­ser­res­sour­cen zurück­grei­fen, gegen den Aus­fall eige­ner Gewin­nungs­ge­bie­te oder min­des­tens gegen die Ver­rin­ge­rung des Was­serd­ar­ge­bots absi­chern. Laut einer Umfra­ge des DVGW hat­ten 100 befrag­te Was­ser­ver­sor­ger in den ver­gan­ge­nen zehn Jah­ren 400 Mil­lio­nen Euro für Kli­ma­an­pas­sungs­maß­nah­men aus­ge­ge­ben. Für die nächs­ten zehn Jah­re erwar­ten sie Kos­ten von 1,2 Mil­li­ar­den Euro.
  • Das Bevöl­ke­rungs­wachs­tum und die regen Bau­tä­tig­kei­ten machen Erwei­te­run­gen bestehen­der Ver­sor­gungs­an­la­gen unver­zicht­bar. Dort wo neue Sied­lun­gen ent­ste­hen, wächst auch der Was­ser­be­darf und müs­sen neue Lei­tun­gen gebaut wer­den. Der demo­gra­phi­sche Wan­del kennt nicht nur eine Rich­tung. Nach vie­len Jah­ren des Zuzugs in die Städ­te, wol­len die Men­schen jetzt wie­der ver­mehrt in länd­li­che Regio­nen. Das macht Anpas­sun­gen der Was­ser­in­fra­struk­tur unaus­weich­lich.
  • Strom­aus­fäl­le sind nicht nur in Kriegs­zei­ten eine mehr als laten­te Bedro­hung auch für die Was­ser­ver­sor­gung. Die Absi­che­rung die­ser exis­ten­zi­ell wich­ti­gen Daseins­vor­sor­ge erfor­dert nicht nur loka­le Lösun­gen wie Not­strom­ag­gre­ga­te, son­dern auch Ver­bund­sys­te­me, die sich in Not­fäl­len gegen­sei­tig hel­fen.
  • Cyber­at­ta­cken sind Bedro­hun­gen, die sich nicht nur auf expo­nier­te Groß­un­ter­neh­men beschrän­ken, son­dern auch Klei­ne tref­fen kön­nen. Die Absi­che­rung setzt orga­ni­sa­to­ri­sche Maß­nah­men vor­aus und erfor­dert Inves­ti­tio­nen in die Sicher­heit der Anla­gen sowie IT- bzw. Sicher­heits­exper­ten, die am Markt nach­ge­fragt sind, wie kaum eine ande­re Qua­li­fi­ka­ti­on, und von den Was­ser­ver­sor­gern kaum zu bezah­len.
  • Nut­zungs­kon­kur­ren­zen, frü­her ein Fremd­wort bei Was­ser in Deutsch­land, wer­den fast zur Regel. Die Was­ser­ver­sor­ger genie­ßen zwar den Vor­zug bei der Ertei­lung der Was­ser­rech­te, aber die Sicher­heit ist bedroht. Die Kreis­lauf­wirt­schaft wird auch bei Was­ser einen noch grö­ße­ren Stel­len­wert erhal­ten, das erfor­dert For­schungs­pro­jek­te und Inves­ti­tio­nen in neue Tech­no­lo­gien.

Das sind nur weni­ge Bei­spie­le, die zwangs­läu­fig in stei­gen­den Was­ser­prei­sen mün­den müs­sen. Hin­zu kom­men noch die infla­ti­ons­be­dingt und knapp­heits­be­dingt stei­gen­den Betriebs­kos­ten.

  • Was­ser­ver­sor­ger, mit denen ich in den ver­gan­ge­nen Wochen sprach, berich­te­ten von Strom­kos­ten, die sich in den kom­men­den Mona­ten ver­drei- bis ver­vier­fa­chen soll­ten. Zwar ist die Ent­wick­lung nicht mehr so extrem wie noch im Herbst 2022, aber die Unsi­cher­heit ist beträcht­lich und Risi­ko­ab­si­che­rung gibt es nicht zum Null­ta­rif.
  • Die Kos­ten für die Bau­leis­tun­gen und Mate­ria­len sind in rasen­der Geschwin­dig­keit gestie­gen. Noch Anfang 2022 waren es „nur“ 25 Pro­zent im Ver­gleich zum Vor­jahr, wäh­rend im Som­mer fast 50 Pro­zent Preis­an­stieg bei gewerb­li­chen Pro­duk­ten im Ver­gleich zum Vor­jah­res­mo­nat zu ver­zeich­nen war (sie­he Gra­fik), bewe­gen sich die Preis­in­di­zes nun­mehr auf anhal­tend hohem Niveau. Man­che Spe­zi­al-Mate­ria­len wie Auf­be­rei­tungs­che­mi­ka­li­en waren nur noch mit hohen Kos­ten­auf­schlä­gen zu erhal­ten. Die Bran­che muss­te den Lie­fer­aus­fall von Mate­ria­len zur Was­ser­be­hand­lung kom­pen­sie­ren. Dass dies höhe­re Kos­ten zur Fol­ge hat­te, dürf­te kaum über­ra­schen.
  • Fern­was­ser­ver­sor­ger und Vor­lie­fe­ran­ten haben in vie­len Regio­nen ihre Abga­be­prei­se bereits erhöht oder berei­ten dies vor. Die­sen zumeist zwei­stel­li­gen Erhö­hun­gen der Was­ser­be­zugs­kos­ten kön­nen sich die kom­mu­na­len Was­ser­ver­sor­ger nicht ent­zie­hen.
  • Die aktu­el­len Tarif­for­de­run­gen der Dienst­leis­tungs­ge­werk­schaft geben einen Vor­ge­schmack dar­auf, wohin die Rei­se bei den Per­so­nal­kos­ten gehen wird.
  • Kaum eine Regi­on, kaum eine Bran­che, die nicht über Fach­kräf­te­man­gel klagt. das trifft auch die Was­ser­ver­sor­ger. Aber der Alters­durch­schnitt in den Was­ser­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men liegt bei deut­lich über 45 Jah­ren. Wenn eige­ne Mit­ar­bei­ter feh­len, hal­fen frü­her exter­ne Dienst­leis­ter aus der Bre­douil­le. Die Zei­ten sind vor­bei. Die auf Kos­ten­dis­zi­plin getrimm­te Was­ser­wirt­schaft hat bei den Preis­spi­ra­len der pri­va­ten Wirt­schaft fast immer das Nach­se­hen. Glück­li­cher­wei­se erhält der „Job“ in der Was­ser­wirt­schaft ein zuneh­mend posi­ti­ve­res Image.

Quel­le: Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt (desta­tis), Abruf 10.1.2023 _ Gen­d­ries

Als Daseinsvorsorge ist die Wasserversorgung alternativlos

Die Was­ser­ver­sor­ger ste­cken bei einer der­ar­tig brei­ten Pro­blem­la­ge in einem kaum lös­ba­ren Dilem­ma. Die finan­zi­el­len Reser­ven sind knapp bemes­sen und wer­den in vie­len Fäl­len den Anfor­de­run­gen an die Bewah­rung der Hand­lungs­fä­hig­keit und Risi­ko­ori­en­tie­rung nicht gerecht.

  • Die zahl­rei­chen Bench­mar­king­pro­jek­te bele­gen, dass vie­le von ihnen in den ver­gan­ge­nen Jah­ren ihre Unter­neh­men auf „Effi­zi­enz getrimmt“ haben.
  • Zudem ist bei einer zuneh­men­den Anzahl an Unter­neh­men die Kos­ten­de­ckung dau­er­haft in Gefahr.
  • Die Rück­la­gen sind auf­ge­braucht und die Was­ser­ver­sor­gung ver­liert ihren Sta­tus als siche­rer Divi­den­den-Lie­fe­rant für die kom­mu­na­len Haus­hal­te, die damit Schwimm­bä­der, Schu­len oder den ÖPNV finan­zie­ren.
  • Wäh­rend Gewer­be­be­trie­be, Indus­trie­un­ter­neh­men oder pri­va­te „Häus­le­bau­er“ ihre Pro­jek­te ein­fach zurück­stel­len oder ihre Pla­nun­gen been­den, müs­sen die Was­ser­ver­sor­ger wei­ter machen. Sie sind kri­ti­sche Infra­struk­tur, ihre Leis­tun­gen sind als kom­mu­na­le Daseins­vor­sor­ge von exis­ten­zi­el­ler Bedeu­tung.

Man muss kein Öko­nom sein, um zu erken­nen wohin die Rei­se gehen müss­te. Die Was­ser­prei­se müss­ten stei­gen. Aber lei­der ist das vie­ler­orts nur Theo­rie! Aber war­um „lei­der“? Sta­bi­le Was­ser­prei­se sind doch etwas Gutes. Ist das so?

Haben Wasserpreise Nachholbedarf?

Wo steht die Was­ser­wirt­schaft bei den Prei­sen eigent­lich im Ver­gleich zu ande­ren Lebens­be­rei­chen? Die Daten für die Beant­wor­tung lie­fert das Sta­tis­ti­sche Bun­des­amt. Dem­nach zeigt der Ver­gleich der jähr­li­chen Stei­ge­run­gen des all­ge­mei­nen Ver­brau­cher­preis­in­dex (Infla­ti­ons­ra­te) und des Index für die „Was­ser­ver­sor­gung der Pri­vat­haus­hal­te“, dass bei­de sich im Zeit­raum der Jah­re 2005 bis 2021 über­wie­gend in engen Band­brei­ten par­al­lel zuein­an­der ent­wi­ckelt haben. Dann aber, im letz­ten Jahr 2022, ist es infol­ge der mas­si­ven Preis­stei­ge­run­gen in vie­len Berei­chen des Haus­halts­kon­sums ins­be­son­de­re bei Gas und Strom zu einem sehr deut­li­chen Aus­ein­an­der­drif­ten der Index­ver­läu­fe gekom­men. Betrug die­se Dif­fe­renz im August 2022 schon rund acht Pro­zent­punk­te, ist sie im Novem­ber 2022 auf sogar 11,5 Pro­zent­punk­te ange­stie­gen (sie­he Gra­fik). Ange­sichts der regel­mä­ßig zum Jah­res­wech­sel statt­fin­den­den Preis­stei­ge­run­gen bei Was­ser dürf­te sich die Sprei­zung etwas redu­ziert haben, aber wegen der Zurück­hal­tung bei Was­ser­preis­an­pas­sun­gen, scheint eine Annä­he­rung eher unwahr­schein­lich.

Ver­gleich der Preis­in­di­zes „Ver­brau­cher­prei­se“ – „Was­ser­prei­se“ / Refe­renz­mo­nat Novem­ber
Quel­le: Sta­tis­ti­sches Bun­des­amt (Abruf 12.1.2023) _ Gen­d­ries

Sind stabile Wasserpreise etwas Gutes?

Eigent­lich könn­te es aus Kun­den­sicht gut sein, wenn die Was­ser­prei­se nicht anstei­gen. Lang­fris­tig könn­te aber könn­te es der Leis­tungs­fä­hig­keit der Was­ser­ver­sor­ger scha­den. Denn stei­gen­de Inves­ti­tio­nen und die höhe­ren Betriebs­kos­ten müs­sen sich in stei­gen­den Prei­sen nie­der­schla­gen kön­nen, andern­falls lei­det die Qua­li­tät oder die Sicher­heit – oder bei­des. Seit über 15 Jah­ren ana­ly­sie­re ich die Ent­wick­lung der Was­ser­prei­se in Deutsch­land. Eine der­art gro­ße Sprei­zung zwi­schen den All­ge­mei­nen Ver­brau­cher­prei­sen und den Was­ser­preis­ent­wick­lun­gen hat es bis­her noch nicht gege­ben.

  • Das zeigt sich auch in den von mir regel­mä­ßig unter­such­ten regio­na­len Was­ser­prei­sen in Deutsch­land. Vie­le Ver­sor­ger tre­ten offen­kun­dig auf die „Was­ser­preis­brem­se„. Eine immer grö­ßer wer­den­de Zahl an Ver­sor­gern hält die Was­ser­prei­se schon seit Jah­ren auf dem­sel­ben Niveau, man­che sogar seit Jahr­zehn­ten unver­än­dert. Allein für Nord­rhein-West­fa­len stel­le ich fest, dass in man­chen Städ­ten die Was­ser­prei­se „ein­ge­fro­ren“ zu sein schei­nen.
  • Bei Was­ser­ver­sor­gern, die mit ihrem Inves­ti­ti­ons­ver­hal­ten und der Bilanz­po­li­tik der ver­gan­ge­nen Jah­re Spiel­räu­me für Preis­sta­bi­li­tät geschaf­fen haben mögen, las­sen sich gege­be­nen­falls die aktu­el­len gerin­gen Was­ser­prei­se begrün­den, mit Blick auf die zukünf­ti­gen Her­aus­for­de­run­gen wird es aber auch dort zu einer Umori­en­tie­rung kom­men müs­sen. Die wird umso schwe­rer, je län­ger gewar­tet wird.
  • Ande­re pro­fi­tie­ren von Effi­zi­enz­re­ser­ven. Aber die hal­ten nicht ewig. Zudem kön­nen sie die sprung­haf­te Kos­ten­ent­wick­lung nicht dau­er­haft kom­pen­sie­ren. Die Bench­mar­king­pro­jek­te zei­gen immer wie­der aufs Neue, dass die ver­meint­li­che Effi­zi­enz auf Kos­ten der Leis­tungs­fä­hig­keit geht.
  • Ande­re müs­sen kom­mu­nal­po­li­ti­schen Vor­ga­ben einer „Was­ser­preis­sta­bi­li­tät“ fol­gen. Wenn die Poli­tik die nied­rigs­ten Was­ser­prei­se will, dann muss sich im Kla­ren sein, dass es dafür einen „Schat­ten­preis“ gibt: den der Ver­sor­gungs­si­cher­heit.
  • Regio­na­le Was­ser­preis­ver­glei­che sind beliebt bei Poli­ti­kern und in der Öffent­lich­keit. Dabei blei­ben die struk­tu­rel­len Unter­schie­de der Ver­gleichs­un­ter­neh­men in der Regel uner­kannt. Das schei­tert häu­fig an der Daten­ba­sis. Somit wird nicht das bes­te Preis-Leis­tungs­ver­hält­nis zum Maß­stab gemacht, son­dern der bil­ligs­te Was­ser­preis.
  • Wie­der ande­re haben ihre Kos­ten und Prei­se schlicht nicht Blick. Die Bran­che ver­fügt über ein all­ge­mein aner­kann­tes Instru­men­ta­ri­um, allem vor­an einen Kal­ku­la­ti­ons­leit­fa­den und ein Online-Tool, das eine ord­nungs­ge­mä­ße und prü­fungs­si­che­re Was­ser­preis­kal­ku­la­ti­on ermög­licht. Eigent­lich soll­te dies Stan­dard in den Unter­neh­men sein, die Was­ser­prei­se erhe­ben. Nicht immer ist dies der Fall.
  • Aktu­ell kommt aber für vie­le ins­be­son­de­re Stadt­wer­ke ein bis­her unbe­kann­tes Pro­blem hin­zu: sie haben kein Per­so­nal, um Was­ser­preis­an­pas­sun­gen durch­füh­ren zu kön­nen. Die Dyna­mik bei den Ener­gie­preis­än­de­run­gen bin­det dort die Kräf­te – einer­seits. Ander­seits mag dort die Rou­ti­ne feh­len. Gera­de in die­ses Fäl­len gibt es sehr ver­sier­te Bera­ter, die auf Was­ser­preis­an­pas­sun­gen und Kom­mu­ni­ka­ti­ons­maß­nah­men spe­zia­li­siert sind. Es ist sicher kein Geheim­nis, dass ich auch dazu­ge­hö­re.

So viel­fäl­tig die Grün­de sein mögen, dau­er­haft kann die­se Was­ser­preis­po­li­tik nicht vor­teil­haft sein.

Meine Hypothese: Der moderaten Preisentwicklung zum Jahreswechsel 2022/23 folgen zweistellige Erhöhungen ab Mitte 2023 – und künftig kürzere Zeiträume

Die Bot­schaf­ten sind bei vie­len Was­ser­ver­sor­gern bereits ange­kom­men. Wie zu hören war, erken­nen immer mehr von ihnen, dass bei lang­fris­tig unver­än­der­ten Prei­sen die wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le und Unsi­cher­hei­ten den ver­meint­li­chen Vor­tei­len bei der Kun­den­wahr­neh­mung über­wie­gen. Denn gewöh­nen sich die Kun­den an das anhal­tend sta­bi­le Preis­ni­veau, könn­ten geschockt sein. Zudem wer­den die Ban­ken zuneh­mend skep­tisch, wenn um die Kapi­tal­dienst­fä­hig­keit geht. Statt also die Was­ser­prei­se über lan­ge Zeit­räu­me sta­bil zu hal­ten, erwar­ten die Exper­ten nahe­zu über­ein­stim­mend kurz­fris­ti­ge­re Was­ser­preis­an­pas­sun­gen, sofern die kal­ku­la­to­ri­schen Vor­aus­set­zun­gen gege­ben sind. Dies kann sich aber nur zei­gen, wenn auch kal­ku­liert wird. Hier schließt sich also der Kreis. Der Trend geht daher zu regel­mä­ßi­gen Anpas­sun­gen in einem jähr­li­chen oder zwei­jäh­ri­gen Tur­nus.

Die Kun­den wer­den es ver­ste­hen, wenn die Grün­de dafür trans­pa­rent erklärt wer­den. Ich habe zahl­rei­che Pres­se­an­kün­di­gun­gen zu Was­ser­preis­er­hö­hun­gen in den ver­gan­ge­nen Wochen aus­ge­wer­tet und mit zahl­rei­chen Ver­ant­wort­li­chen in Was­ser­ver­sor­gungs­un­ter­neh­men gespro­chen. Von weni­gen Aus­nah­men abge­se­hen, sind die Pro­tes­te aus­ge­blie­ben. Wenn aller­dings die Preis­kom­mu­ni­ka­ti­on ver­nach­lä­ßigt wird, gibt es har­te und medi­al ver­brei­te­te Kri­tik. Das kann ins­be­son­de­re im Wett­be­werb ste­hen­de Stadt­wer­ke bei Strom und Gas hart tref­fen.

Eine „Was­ser­preis­la­wi­ne“ wie bei ande­ren Leis­tun­gen des täg­li­chen Bedarfs hat es beim Trink­was­ser nicht gege­ben. Die statt­ge­fun­de­nen Preis­an­pas­sun­gen um den Jah­res­wech­sel 2023 las­sen sich in einer erwar­te­ten Grö­ßen­ord­nung von durch­schnitt­lich etwa drei bis fünf Pro­zent zusam­men­fas­sen. Span­nend wird, wie es in die­sem Jahr wei­ter­ge­hen wird. Wenn mei­ne Ein­schät­zun­gen zutref­fen, dann wer­den zahl­rei­che Was­ser­ver­sor­ger ins­be­son­de­re jene, die 2023 „aus­set­zen“ muss­ten, bei anhal­ten­dem Kos­ten­druck nicht umhin­kom­men, die Was­ser­prei­se in 2024 deut­lich zu erhö­hen. Was­ser­preis­er­hö­hun­gen von 10 bis 15 Pro­zent wer­den dann ganz sicher kei­ne Sel­ten­heit sein; bei län­ge­rer Preis­sta­bi­li­tät wird es dann auch noch mehr sein.

In den Gesprä­chen mit den Auf­sichts­be­hör­den ins­be­son­de­re Lan­des­kar­tell­äm­tern, an denen ich in der Ver­gan­gen­heit im rah­men mei­ner Bera­tungs­tä­tig­keit teil­neh­men durf­te, zeig­ten sich die Behör­den­ver­tre­te­rIn­nen stets ver­ständ­nis­voll, wenn die Preis­an­pas­sun­gen von den Was­ser­ver­sor­gern sach­lich gerecht­fer­tigt und struk­tu­rel­le Beson­der­hei­ten, die zu höhe­ren Ver­gleichs­prei­sen geführt hat­ten, nach­voll­zieh­bar dar­ge­legt wur­den. Ver­sor­ger, die dazu nicht in der Lage waren, hat­ten aller­dings dann ein Pro­blem – aber ein haus­ge­mach­tes.

Soviel ist sicher, die Wert­schät­zung der Was­ser­ver­sor­gung hat in brei­ten Tei­len der Öffent­lich­keit ein bis­her nicht gekann­tes Niveau erreicht. Die Her­aus­for­de­run­gen bei Was­ser waren sel­ten so groß wie in die­ser Deka­de. Das haben die Ver­brau­cher ver­stan­den. Damit ist nicht nur das Was­ser selbst gemeint, son­dern ins­be­son­de­re auch die tech­ni­sche Leis­tung für den Betrieb der Was­ser­ver­sor­gungs­an­la­gen. Die Ver­brau­cher geben den Was­ser­ver­sor­gern in den Zufrie­den­heits­be­fra­gun­gen regel­mä­ßig Best­no­ten für Leis­tun­gen und Prei­se. Dar­an wer­den auch nach­voll­zieh­bar erklär­te Was­ser­preis­er­hö­hun­gen nichts ändern. Die Kun­den erwar­ten Glaub­wür­dig­keit und Trans­pa­renz. Kaum eine Bran­che kann die­ser Erwar­tungs­hal­tung bes­ser gerecht wer­den, als die Was­ser­wirt­schaft, denn Ver­sor­gungs­si­cher­heit hat sei­nen Preis und Daseins­vor­sor­ge ist alter­na­tiv­los.


Quellen

  • Ver­brau­cher­preis­in­dex & Preis­in­dex Was­ser­ver­sor­gung, Sta­tis­ti­sches Bundesamt/destatis, Abruf: 12.1.2023
  • Index der Erzeu­ger­prei­se gewerb­li­cher Pro­duk­te (Inlands­ab­satz), Sta­tis­ti­sches Bundesamt/destatis, Abruf: 10.1.2023
  • BDEW Bun­des­ver­band der Deut­schen Ener­gie- und Was­ser­wirt­schaft
  • Auf die Nen­nung mei­ner Inter­view­quel­len ver­zich­te ich an die­ser Stel­le

Erst­mals ver­öf­fent­licht am 26.01.2023 auf lebensraumwasser.com